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Vortrag: „Das Reich Gottes hier in Wien“

Evangelisches Leben in der Reichshauptstadt während der Regierungsjahre Kaiser Karls VI.

Vortragender: Univ.-Prof. Dr. Stephan Steiner (Sigmund Freud PrivatUniversität)

Moderation: Prof.in Dr.in Susanne Claudine Pils , MAS

24. November 2022, 18:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Online-Raum


Am 24. November 2022 referierte Univ.-Prof. Dr. Stephan Steiner im Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie im Online-Raum über sein Buch “Das Reich Gottes hier in Wien“.

Univ.-Prof. Dr. Stephan Steiner (Foto: Alfred Paleczny)

In diesem Buch erzählt er über eine Anomalie in Wien des 18. Jahrhunderts. Während man sich ansonsten in den österreichischen Erblanden für seinen Protestantismus bis 1781 um Kopf und Kragen betete, beherbergte die Haupt- und Residenzstadt gleich drei Orte, an denen evangelischer Gottesdienst vollkommen legal verrichtet werden durfte. An den dänischen, schwedischen und niederländischen Gesandtschaften gab es nämlich „Legationsprediger“, die ihre privilegierten Gemeindemitglieder (vor allem Diplomaten, Handelsleute und Militärpersonen) in ihren Kapellen betreuten. Über die Zeit wurden die dänischen und schwedischen Pfarrstellen zunehmend mit Pietisten besetzt, die unermüdlich an ihr Kraftzentrum Halle an der Saale rapportieren. Die Geistlichen hatten alle möglichen Vorlieben, einer ediert hunderte Leibniz-Briefe, der andere widmete der Lust am Schlittenfahren ein Traktat, wieder ein anderer arbeitete sich bis in den privaten Zirkel des Prinzen Eugen vor. Auch protestantische Hauslehrer streiften nach getaner Arbeit durch die Stadt und beobachteten, wie schlecht es ums wahre Christentum bestellt war. Bei barocken Prozessionen ekelten sie sich vor spritzendem Blut und verachten das „elende creutzschleppen“, dessen Zeugen sie wurden. Einer der Frommen wurde Jahre später im Atheismus eine denkbare Alternative sehen.

Univ.-Prof. Dr. Stephan Steiner (Foto: Alfred Paleczny)

Diese Gesandtschaftskapellen sind bis zur Regierungszeit von Kaiser Josef II. nachweisbar und vor dem Schottentor gab es sogar in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem katholischen auch einen evangelischen Friedhof. Stimmen aus den Archiven der Franckeschen Stiftungen in Halle und aus dem Rigsarkivet in Kopenhagen vereinten sich zu einer trümmerhaften Rekonstruktion der merkwürdigen Lebenswelten der Gesandtschaftsgemeinden und ihres Umfeldes.

Zum Buch siehe: Stephan Steiner, “Das Reich Gottes hier in Wien”. Evangelisches Leben in der Reichshauptstadt während der Regierungsjahre Kaiser Karls VI., Göttingen 2021 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 65)

Buchcover „Das Reich Gottes hier in Wien“

Bericht und Fotos: Alfred Paleczny

Zur Person

Univ.-Prof. Dr. Stephan Steiner, Historiker, habilitiert an der Universität Wien, Professur an der Sigmund Freud PrivatUniversität, Leiter des Instituts für transkulturelle und historische Forschung ebendort. Publikationen zur Gewaltgeschichte der Neuzeit. Ausführliches unter https://ptw.sfu.ac.at/de/fakultaet/institute/transkulturelle-historische-forschung/


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