Vortrag „Das amerikanische Wien – Amerikanische Besatzungssoldaten 1945 – 1955“
Dr. Hubert Prigl (Wienbibliothek)
3. Oktober 2014, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs
In seinem Vortrag am 3. Oktober beschäftigte sich Dr. Hubert Prigl (Wienbibliothek) mit einem interessanten Thema der Wiener Nachkriegsgeschichte: „Das amerikanische Wien – Amerikanische Besatzungssoldaten 1945 – 1955“. Da die US-Besatzungsmacht ihre Anwesenheit mit den zahllosen Fotos dokumentierte, hatte Dr. Prigl für seinen Vortrag auch eine sehr starke visuelle Unterstützung.
Die Amerikaner erhielten im September 1945 nach langen Verhandlungen mit den anderen Alliierten als Besatzungszone die bürgerlichen Bezirke 7, 8, 9, 17, 18 und 19. Bezirk, wobei diese Verhandlungen sehr stark vom Vorhandensein von Flugplätzen geprägt waren. Da die Russen alle Wiener Flugplätze besetzten, mussten die US-Streitkräfte nach Langenlebarn ausweichen und hatten am Donaukanal nur die Möglichkeit, mit kleinen Flugzeugen zu landen und zu starten. Langenlebarn war auch ein Zentrum des Schleichhandels, der interessanterweise vom amerikanischen Flugplatzkommandanten Weinberger gesteuert wurde.
Dr. Prigl schilderte die US-Soldaten als eine Besatzungsmacht, die dank ihres ausgezeichneten Gehaltes in Wien im Luxus leben konnte und den American Way of Life hier nicht nur selbst genoss, sondern auch importierte. Dafür wurden zahlreiche Sportanlagen, Unterhaltungslokale und Clubs beschlagnahmt und eingerichtet, in denen allerdings farbige Soldaten nicht erwünscht waren – für sie gab es einen eigenen Club. Die Soldaten liebten ihre Musik, tranken viel und gerne, so dass es immer wieder Massenschlägereien zwischen den Einheiten gab, die von der US-Militärpolizei oft nur mit Mühe geschlichtet werden konnten. Die Amerikaner liebten das militärische Zeremoniell, veranstalteten viele Paraden und bekleideten auch bei der International Patrol insofern die wichtigste Position, weil die legendären „Vier im Jeep“ fast nur mit amerikanischen Fahrzeugen und Fahrzeuglenkern fuhren. Im Jeep selbst fuhren sie allerdings nur bis 1946, dann wurden größere Fahrzeuge verwendet.
Ein besonderes Merkmal der US-Besatzungsmacht war ihre Liebe von Schildern, die sie als Wegweiser und zur Information der eigenen Soldaten sehr zahlreich in ihren Bezirken aufstellte. Da das Fraternisierungsverbot mit der österreichischen Bevölkerung sehr rasch aufgehoben wurde, kam es zu zahlreichen Hochzeiten mit Wiener Frauen, die die Eheschließung – wie Dr. Prigl erklärte – oft nur benutzten, um in den USA untertauchen zu können. Insgesamt konnte der Referent zeigen, warum das Verhalten und die Anwesenheit der Amerikaner relativ zu den Russen, Briten und Franzosen nicht nur in der Wiener Geschichtsschreibung am „verklärtesten“, also im sehr positiven Sinn gesehen wird.
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