Vortrag: 1221 – Erstes Wiener Stadtrecht. Der Weg zur Stadt in historisch-archäologischer Analyse
Veranstaltung zum Themenschwerpunkt "1221 - Erstes Wiener Stadtrecht" in Kooperation mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv
Vortragende: Dr.in Heike Krause (Stadtarchäologie Wien), Paul Mitchell, BA (Freiberuflicher Archäologe), Dr. Christoph Sonnlechner (Wiener Stadt- und Landesarchiv), Mag. Manuel Swatek (Wiener Stadt- und Landesarchiv)
Moderation: a.o. Univ.-Prof. Dr. Martin Scheutz
18. Oktober 2021, 17:00, Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs sowie Live-Stream: https://www.wien.gv.at/kultur/archiv/veranstaltungen/vortrag-stadtrecht.html
Am 18. Oktober 2021 fand im Vortragssaal des Wiener Stadt- und Landesarchivs eine Vortragsveranstaltung des Vereins für Geschichte der Stadt Wien zum Themenschwerpunkt „1221 – Erstes Wiener Stadtrecht“ in Kooperation mit dem Wiener Stadt- und Landesarchiv und der Stadtarchäologie Wien statt. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern befanden sich zahlreiche prominente Wiener Stadthistorikerinnen Stadthistoriker und die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, die auch ein Begrüßungsreferat hielt und auf die kulturelle Bedeutung der Stadtgeschichte einging.
Anschließend widmeten sich Dr.in Heike Krause von der Stadtarchäologie Wien, der freiberufliche Archäologie Paul Mitchell sowie Dr. Christoph Sonnlechner und Mag. Manuel Swatek vom Wiener Stadt- und Landesarchiv dem Weg zur Stadtwerdung Wiens in einer interdisziplinären historisch-archäologischer Analyse.
Das Wiener Stadtrecht des Jahres 1221 wurde am Tag genau 800 Jahre vor dieser Veranstaltung von Herzog Leopold VI. ausgestellt. Die Wiederkehr dieses Ereignisses wurde von den Referenten und der Referentin zum Anlass genommen, den Weg zur Stadt nachzuzeichnen, wobei aktuelle Forschungsergebnisse der Geschichtswissenschaft und Archäologie einen differenzierten und geschärften Blick auf die Entwicklung Wiens vom späten 11. bis zum frühen 13. Jahrhundert ermöglichten. Aufgeteilt auf die drei Phasen von der Jahrtausendwende bis 1155, 1156–1192 und 1192–1221 wurden wichtige Meilensteine identifiziert, historische Quellen neu interpretiert, die Historiographie und ältere Forschungsmeinungen kritisch überprüft und die daraus gewonnenen Erkenntnisse präsentiert.
Außerdem wurden die weltliche und kirchliche Verfasstheit der Stadt, ihrer Akteurinnen und Akteure ebenso behandelt wie Aspekte des sozialen und wirtschaftlichen Lebens, der Siedlungstopografie, der baulichen Konstituierung und Raumorganisation innerhalb und außerhalb der Stadtmauer.
Für die erste Phase bis 1155 wurde der Mauterner Tauschvertrag zwischen Leopold IV. und dem Passauer Bischof Reginmar des Jahres 1137 ins Zentrum der Darstellungen gerückt, in dem Wien erstmals als „civitas“ (Stadt) und als Sitz einer Pfarre genannt wird. Die zweite Phase (1156–1192) wurde vor allem von Herzog Heinrich II. Jasomirgott dominiert, der Wien ein städtisches Gepräge, unter anderem durch das Schottenkloster und die Burg Am Hof gab. In der dritten Phase erlebte Wien dann einen Boom, der sie nach Köln zu einer der wichtigsten Metropolen des Reichs anwachsen ließ. Dafür war die Entwicklung zu einem Handelszentrum, die Installierung einer Münzstätte, der Bau einer neuen Stadtbefestigung und die Parzellierung der dadurch entstandenen neuen Flächen, weiters der Baubeginn der Burg am Widmertor, der Michaelerkirche, einiger Ordenshäuser sowie der Ausbau des Stephansdoms, der Bau von Stein- anstelle der bisherigen Holzhäuser und die Gründung einiger Vorstädte entlang der Fernstraßen verantwortlich.
So gesehen war das Stadtrecht 1221 ein Schlusspunkt und eine logische Konsequenz dieser Entwicklung sowie eine weitgehende Festschreibung des bestehenden Gewohnheitsrechts. Hervorzuheben sind in diesem 29 Artikel umfassenden Dokument neben den zahlreichen strafrechtlichen Bestimmungen die Festlegung des Stapelzwanges für fremde Kaufleute und die Einsetzung eines Rates von 24 Männern. Das Stadtrecht ist im Original nicht erhalten geblieben, es gibt nur einige Abschriften.
Bericht: Alfred Paleczny
Fotos: Alfred Paleczny und Julian Traudt
Zur Person
Dr.in Heike Krause, Archäologin und Historikerin, Mitarbeiterin in den Museen der Stadt Wien – Stadtarchäologie. Forschungsschwerpunkte: Wiener Stadtbefestigungen und Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit.
Paul Mitchell, BA, Freiberuflicher Archäologe und Bauforscher. Forschungsschwerpunkte: Historische Architektur, Mittelalterliches Wien, NS-Zeit.
Dr. Christoph Sonnlechner, MAS, Historiker, Mitarbeiter im Wiener Stadt- und Landesarchiv; Vizepräsident des Vereins für Geschichte der Stadt Wien; Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Forschungsschwerpunkte: Umwelt- und Verwaltungsgeschichte des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Institutionengeschichte, Stadtgeschichte.
Mag. Manuel Swatek, MAS, Historiker, Mitarbeiter im Wiener Stadt- und Landesarchiv; Generalsekretär-Stellvertreter des Vereins für Geschichte der Stadt Wien; Mitglied des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Forschungsschwerpunkte: Stadtgeschichte, historische Topografie, Institutionengeschichte.
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